Gertrude Horn (geb. Fanto) wurde 1924 in Wien geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Sie besuchte den jüdischen Religionsunterricht außerhalb der Schule, bezeichnete sich rückblickend aber als nicht religiös.
Trotz des Übertritts zum Judentum war ihre Mutter für die Nationalsozialisten eine „Arierin“. Den „Nürnberger Gesetzen“ zufolge galt Gertrude deshalb als „Halbjüdin“, wodurch sie jedoch den gleichen diskriminierenden Bestimmungen wie die jüdische Bevölkerung unterworfen war. Das bedeutete für sie unter anderem, keinen Platz für eine Schneiderlehre zu finden.
Nach dem Novemberpogrom, während dem ihr Vater verhaftet und in das KZ Dachau gebracht wurde, musste die Familie ihre Wohnung verlassen und schließlich immer wieder umziehen. Für kurze Zeit lebten sie in einer „Sammelwohnung“ hier in der Lilienbrunngasse 6, wo sich heute ein Park befindet. Damals musste Gertrude in einer Wäscherei arbeiten, wo sie Kontakt zu einer jüdischen Widerstandsgruppe knüpfte – die sogenannte „Mischlingsliga“.
Als die Gruppe 1944 aufflog, wurde Gertrude Horn verhaftet und in das KZ Auschwitz und von dort in das KZ Ravensbrück deportiert, wo sie für eine Flugzeugfirma Zwangsarbeit leisten musste.
Sie floh nach Kriegsende von einem Todesmarsch und kehrte im Sommer 1945 nach Wien zurück. Dort arbeitete sie als Journalistin, engagierte sich als KPÖ-Mitglied und heiratete Otto Horn, den sie in der Widerstandsgruppe kennengelernt hatte.
Das Interview wurde 1989 in Wien, Österreich aufgenommen.