Auf den Spuren der Cottbuser Juden

Unterschätzte Gefahr

Juden waren Teil des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens der Stadt Cottbus. Viele jüdische Männer hatten im Ersten Weltkrieg für ihr Land gekämpft. In den 1920er und 1930er Jahren wurde die Judenfeindlichkeit in Deutschland jedoch immer deutlicher spürbar. Dennoch nahmen viele jüdische Deutsche die Gefahr nicht ernst, die von den Nationalsozialisten ausging – selbst dann noch nicht, als die Gewalt gegen Juden in der „Kristallnacht“ offen zutage trat.

Robert Exiner und Joachim Boin haben den Holocaust überlebt. Doch sie und ihre Familien hatten schwer unter der Nazi-Diktatur zu leiden. Im Rückblick ist es ihnen schwer verständlich, dass viele Juden die Gefahr, die von den Nationalsozialisten ausging, zu lange unterschätzten.

Schau Dir die Ausschnitte aus ihren Interviews an und lies dann ihre Biografien.

Robert Exiner wurde 1916 in Berlin geboren. Er war das einzige Kind einer jüdischen Familie. Sein Vater betrieb eine Schneiderei. Robert Exiner machte 1934 Abitur und ging danach nach Cottbus, um sich an der dortigen Webschule, einer Textilfachschule, ausbilden zu lassen. In Cottbus bekam Robert Exiner den wachsenden Einfluss der Nationalsozialisten zu spüren. Als sich Australien 1938 bereit erklärte, 150 technische Fachleute aufzunehmen, bekam auch Robert Exiner die Erlaubnis zur Einwanderung - nach fünf Jahren wurde er eingebürgert. Ein Teil seiner Familie wurde deportiert, ein Teil beging Selbstmord, nur wenigen Verwandten gelang die Auswanderung. Das Interview mit Robert Exiner wurde von der USC Shoah Foundation 1998 in Melbourne aufgezeichnet.

Joachim Boin wurde 1922 in Berlin geboren. Seine Mutter war Jüdin. Anfang der 1930er Jahre zog seine Familie nach Cottbus. Als sich Joachim Boins Vater weigerte, sich von seiner Frau zu trennen, wurde er in ein Arbeitslager gesteckt. 1938 erlebte Joachim Boin die „Kristallnacht“ in Cottbus. Kurz danach kehrte er nach Berlin zurück, um unterzutauchen. 1939 wurde Joachim Boin verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. Er wurde als Zwangsarbeiter im Straßenbau eingesetzt. 1942 wurde er ins KZ Buchenwald, später in ein Arbeitslager in Oberschlesien verlegt, wo ihm im Januar 1945 die Flucht gelang. Nach dem Krieg traf Joachim Boin in Holland seine Familie wieder. Er wanderte nach Palästina und 1966 in die USA aus. Das Interview mit ihm führte die USC Shoah Foundation 1996 in Lincoln (Nebraska).


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